3. Vergebung, Buße und Neuanfang:
Den Menschen von den Stricken und Abhängigkeiten der Sünde und des Todes zu befreien, hat Jesus seine Kirche gegründet.
Sie ist sein Leib (vgl. 1 Kor 12), eine Kirche der „Sünder und der Heiligen“, denn „dort wo die Sünde mächtig wurde, ist die Gnade umso größer“ (Röm 5,20b).
Der aus der Gnade Gottes gerecht gesprochene Sünder, wie Paulus sagt (vgl.Röm 4,25;5,1-2;5,10-11:“Da wir mit Gott versöhnt wurden durch den Tod seines Sohnes, als wir noch Gottes Feinde waren, werden wir erst recht, nachdem wir versöhnt sind, gerettet werden durch sein Leben.“), hat Gottes Heilshandeln an sich erfahren und weiß sich gerade in seiner Schwachheit und menschlichen Unvollkommenheit von Gott angenommen und getragen.
Seine „Heiligkeit“ ist nicht sein Verdienst, sondern kommt von Gott, der Heil ist und Heil schenkt, durch seinen Sohn den Menschen zu.
Die größere Gnade Gottes, jenseits jeder menschlicher Verdienste und Selbstgerechtigkeit herauszustellen, galt Jesu ganze Sorge. Ein Unterfangen, mit dem Jesus oft an die intellektuellen Grenzen seiner Jünger stieß
(vgl. Mk 10,32-45; 34: „Jesus sagte: sie werden ihn verspotten, anspucken, geißeln und töten“; 37: Sie sagten: Lass in deinem Reich einen von uns rechts und den anderen links neben die sitzen. Jesus erwiderte: Ihr wisst nicht um was ihr bittet!“).
Nicht zuletzt deshalb, weil er alle menschlichen Maßstäbe (Ansehen, Macht, Einfluss etc.) für falsch erklärte und umwertete:
„Bei euch aber soll es nicht so sein, sondern wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein, und wer bei euch der Erste sein will, soll der Sklave aller sein. Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele!“.(Mk 10,43-45)
Zahlreiche Gleichnisse Jesu bezeugen diese Intention:
- Im Himmelreich ist größere Freude über einen Sünder der umkehrt als über 99 Gerechte, die es nicht nötig haben umzukehren (vgl. Lk 15,3-7),
- die Geschichte vom barmherzigen Samariter(vgl. Lk 10,25-37),
- das Gleichnis von der verlorenen Drachme (vgl. Lk 15,8-10),
- dem Einkehren und Essen Jesu bei Zöllnern und öffentlichen Sündern (vgl. Lk 7,34-35; 7,36-50),
- das Gleichnis vom barmherzigen Vater – oder dem verlorenen Sohn (vgl. Lk 15,11-32).
Jesus, das heißt Gott, will nicht den Tod des Sünders, sondern dass er lebt.
Zu einem Neuanfang, den Gott schenkt, und der dem Menschen hilft mit seiner Schuld zu leben und „sein Kreuz anzunehmen und zu tragen“, dazu, echte und aufrichtige Buße zu tun, führt Jesus.
Der Glaubende kann darauf vertrauen, dass nichts in seinem Leben ohne Sinn ist.
Die Verbindung von Haupt und Gliedern, von Weinstock und Reben lassen die Aussage zu, dass Jesus ganz konkret, ganz leiblich in seinem Jünger, seiner Jüngerin lebt und sein Heilswerk durch sie und mit ihr verwirklicht.
Gerade in Situationen von Krankheit, von unverschuldetem Leid, von seelischer Not ist die Nachfolge Jesu eine extreme Herausforderung und stößt nicht selten auf Unverständnis und Ablehnung.
Jesus selbst bittet im Garten von Getsemani darum, dass dieser Kelch an ihm vorbeigehen möge, fügt aber dann hinzu: nicht mein Wille geschehe, sondern der deine (vgl. Lk 22,39-45).
Gerade dazu, für diesen Willen Gottes, der zum Heil führt und der Heilung an Leib und Seele schon in diesem Leben bewirkt, empfänglich zu sein, ermutigt Jesus. Er selbst ist es, der auf das freiwillig gesprochene „Ja“ des Menschen zu Ihm angewiesen ist, und ihn gerade darin in seiner Freiheit ernstnimmt.
Ein Gebet, das dieses Anliegen aufgreift, kann folgenden Inhalt haben:
„Lieber Vater im Himmel, lieber Herr Jesus, ich weiß nicht, warum ich in diese Lebenslage gekommen bin; ich weiß nicht, was das alles für einen Sinn haben soll; aber ich vertraue Dir, dass Du mich jetzt so brauchst; dass ich dir so am besten für Dein Heilswerk zu Diensten bin, dass ich so für andere Menschen da sein kann. Gib mir Kraft und reich mir deine ausgebreiteten Hände, die den Petrus vor dem Ertrinken retteten!“
Hinter dem Gebet verbirgt sich eine Antwort auf die Frage: „Wofür lebe ich?“ und „Für wen lebe ich?“ Der hl. Paulus schreibt auf diese Frage angesprochen an die Gemeinde in Rom:
„Keiner von uns lebt sich selber, und keiner stirbt sich selber; leben wir, so leben wir dem Herrn, sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Ob wir leben oder wir sterben, wir gehören dem Herrn!“ (Röm 14,6-8)
Gottes Liebeshandeln anzunehmen, für Gottes Barmherzigkeit zu leben und Erbarmen zu zeigen, auch „dem gegenüber, der kein Erbarmen gezeigt hat“(Jak 2.13), „Tote aufwecken“, „Kranke heilen“, „Dämonen austreiben“(Mk 16,15-18),dazu befähigt Jesus seine Jünger.
Es geht nicht um menschliche Leistung – sondern, darum dass das Leben jedes Christen und der Kirche insgesamt auf Gott hin transparent ist. ER ist es, der
durch die Kirche in dieser Welt lebt und durch sie den Menschen die Hoffnung auf Vollendung und Erlösung verkündet und bezeugt.
Jesus ist die authentische und letztgültige Aussage Gottes.
Er verdeutlicht den religiösen Führern seines Volkes, dass das Gesetzes- und Regelwerk des Mose mit Geboten, Forderungen und Rechtsvorschriften den Menschen vor Gott nicht „entschulden“ kann, bzw. die genaue Beachtung desselben, keine Sündenvergebung bewirkt. Es kann aber als Maßstab dienen, das Liebesgebot Jesu in konkrete Handlung umzusetzen.
Jesus hingegen setzt auf die Bekehrung des „Herzens“.
Der Begriff „Herz des Menschen“ meint den Einklang von Wille, Verstand und Gefühl. Das „Herz des Menschen“ ist biblisch gesprochen, der Ort des Gewissens, von dem Gutes aber ebenso Schlechtes und Böses ausgehen (vgl. Mk 7,14-20).
Deshalb, so sagt es der Prophet Ezechiel, legt Gott, bei der Wiederkunft des Menschensohnes sein Gebot in das Herz des Menschen (Ez 36,26-27).
Mit Jesus in der Bergpredigt gesprochen heißt das:
„Leistet dem der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand,… liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Söhne eures Vaters im Himmel werdet.“ (vgl. Mt 5,39,44-45)
Die Bekehrung des Herzens verlangt sowohl vom einzelnen Jünger/in, als auch der Kirche als Ganzer sich der Gnade Gottes aussetzen. Was bedeutet, dass die Maßstäbe die sie vertritt, auch für sie verbindlich Geltung haben.
Umkehr, Busse und Demut sind für die Kirche von daher unabdingbar, damit ihre Dienstfunktion erhalten bleibt und nicht Machtstreben in ihr überhand nehmen.
Genauso wenig ist eine moralischen Prinzipien entsprechende Vollkommenheit, wie der Apostel Paulus zeigt, gleichzusetzen mit „gerecht vor Gott sein!“
Erst das letztere bewirkt ein zutiefst von Liebe und Demut getragenes Streben nach Vollkommenheit. Es ist nicht Werk des Menschen allein sondern ausschließlich mit „Gottes Hilfe und Erbarmen“ möglich.
Dass sich keiner seiner eigenen Leistung rühmen möge – vor diesem Hochmut warnt der Apostel Paulus, der sich lieber seiner Schwäche rühmt, und sagt:
„Wenn ich schwach bin, dann bin ich stark!, denn so ist klar, dass das Übermaß der Gnade allein von Gott kommt!“ (2 Kor 12,7-10).
Die Kirche, die als institutionelle und sichtbare Größe dem Anspruch ihres Herrn verpflichtet ist, Reich Gottes in der Welt zu künden und zu vertreten
muss ihre Überzeugung gerade im Umgang mit „Sündern“, insbesondere mit solchen Menschen, die ihrer Schuld einsichtig geworden, bereit zu Buße und Umkehr sind, auch gegen äußeren Druck, gesellschaftliche Zwänge und Opportunitäten, umsetzen und leben.
Sonst wird der bußfertige Sünder mit dem unbußfertigen gleichgestellt.
Was wiederum im Gegensatz zum göttlichen Gebot steht, mit dem Sünder, der zu Umkehr und Buße bereit ist, Erbarmen zu haben
Das von Jesus stammende und am Anfang aufgegriffene Wort: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt“, denn es ist, ein Reich der Wahrheit, der Gerechtigkeit und des Friedens, kommt gerade in der Behandlung und im Umgang mit der Thematik „Umkehr und Versöhnung“ auf den Punkt.
Der neue Himmel und die neue Erde, die von Gott in diese Welt hineinreichen, werden von der Kirche in den Sakramenten, der Liturgie und der Caritas glaubwürdig bezeugt.
Als befreiender Lebensentwurf verstanden, ist somit das Christsein der einzig sinnvolle und vernünftige Gegenentwurf zu der eindimensionalen Welt des Konsums und des allein menschlich Möglichen.
Nur das Christsein, das in der Nachfolge des Herrn Jesus Leben, schenkt Zukunft, die die Angst vor dem Tod und vor dem endgültigen Aus für den Menschen überwindet.
„Tod wo ist dein Stachel? – ob wir leben oder sterben, wir gehören dem Herrn!“
(1 Kor 15,1)
„Eine größere Liebe hat keiner, als der der sein Leben hingibt für seine Freunde. Ihr seid meine Freunde, denn ich habe euch alles gesagt, was ich von meinem Vater gehört habe. Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut was ich euch auftrage“ (Joh 15,13-15)
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