Zu Beginn des Monats November stehen zwei große Feste:
Das Fest Allerheiligen und das Fest Allerseelen. Sie eröffnen das Gedenken an unsere Verstorbenen. Der Monat November, der letzte im Kirchenjahr, steht traditionell für unsere Toten, für Vergehen und Sterben, aber gleichzeitig auch für die Hoffnung, dass der Tod nicht den endgültigen Sieg über das Leben gewinnt.
Das Blumengeschäft neben meiner Wohnung hat sich bereits eingestellt auf diesen Totenmonat. Neben allerhand bunten "Kürbiskreationen", finden sich unübersehbar Gestecke für den Friedhof.
Unmissverständlich zeigt die Natur, trotz intensivster Farbenfülle der Bäume, dass das Jahr dem Winter zugeht. Die Blätter fallen von den Bäumen und werden vom Wind hin und hergefegt. Nebelschwaden, immer weniger Tageslicht, Kälte und Frost haben für uns Menschen etwas Bedrohliches an sich. Es ist die Jahreszeit in der Depressionen und Ängste hochkommen und sich so mancher in südlichere Gefilde wünscht.
Die beiden Feste Allerheiligen und Allerseelen zeigen eine ganz andere Perspektive. Nicht Tod, Ende und Zerstörung, sondern Lichtfülle, Hoffnung, Zukunft und Leben sind deren Inhalt.
Unsre tiefste Sehnsucht nach Leben, die den Tod und alles was damit zusammenhängt (Krankheit und Leid - physischer wie pyhischer Natur),
am liebsten vergessen lassen möchte, findet in beiden Festen seine Bestätigung. Nach christlichem Verständnis ist der Mensch in der Taufe in diese Sehnsucht nach Fülle und Erfüllung, die Gott ist und die er allein schenkt, schon jetzt hineingenommen. Daher spricht Paulus seine Gemeindemitglieder als Heilige Gottes an.
Hier beginnt die positive Schicksalsverwobenheit zwischen Gott und Mensch. Der Getaufte ist mit dem Leben, dem Leiden, dem Sterben und mit der Auferstehung Jesu auf das innigste verbunden. Paulus sagt: Nicht mehr ich lebe, Christus lebt in mir - wenn Gott in Jesus für mich ist, wer kann dann gegen mich sein?! (vgl. Röm 8, 30). Die Heiligen und Seligen, von denen diese Feste sprechen, sind unsere Glaubensschwestern und -brüder, die in dieser Wirklichkeit des Lebens mit Gott leben und endgültige Bestätigung erfahren. Und da jeder Getaufte von Gott her Heil zugesprochen bekommt, sind sie mit uns verbunden. Heiligkeit ist keine individual Größe die auf lupenreine, moralisch sittliche Vollkommenheit aufbaut oder davon abhängt, sondern sie ist Gottes Geschenk an uns - die wir sein Abbild und Ebenbild sind. Heilige sind deshalb heilig, weil sie von jeder Form irdischen Egoismusses befreit nun ganz und gar da sind für uns. Sie stehen ein für die kindliche Überzeugung, den kindlichen Wunsch: "Es wird alles wieder gut!" Es wird alles wieder heil. Gott ist dieser Heil-macher, der Heil-and, der selbst das, was der Tod für immer kaputt zu machen scheint, wieder heilt und versöhnt. Jesus, in dem wir sind und leben, schenkt diese Gewissheit.
In jeder Eucharistiefeier in der Himmel und Erde, Ewigkeit und irdische Zeit ineinanderfließen, stimmt die Gemeinde vor den Einsetzungsworten Jesu ein in den Chor der Heiligen und himmlischen Heerscharen und ruft:
"Heilig, heilig, heilig Gott, Herr aller Mächte und Gewalten.
Erfüllt sind Himmel und Erde von deiner Herrlichkeit.
Hosanna in der Höhe. Hochgelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn.
Hosanna in der Höhe."
Das Zweite Vatikanische Konzil betont, dass nicht menschliche Leistung entscheidend sind, sondern die Durchlässigkeit des Menschen für Gottes Heilsabsichten. Persönliche Heiligkeit verlangt nicht nach Außerordentlichem, Spektakulärem, sondern dass Heiligkeit gelebt wird im Alltag, in Familie und Beruf durch konkrete Gottesliebe, die ihre Entsprechung findet in der Nächstenliebe.
Heilige des Monats November:
11. November: Heiliger Martinus, Schutzpatron des Bistums Mainz
Martin wurde um 316 n.Chr. in Sabaria, dem heutigen Steinamanger in Ungarn, geboren. Sein Vater, ein hoher römischer Offizier, setzt sich dafür ein, dass Martin mit 15 Jahren in die kaiserliche Gardereiterei aufgenommen wird. Er wird samt seines Regimentes kurze Zeit später in den Westen des römischen Reiches versetzt. Am Stadttor von Amiens teilt er seinen Soldatenmantel mit einem frierenden Bettler; in der Nacht darauf erscheint ihm Christus, mit dem abgeschnittenen Mantelstück bekleidet. Durch diesen Traum zuinnerst ergriffen, sucht er Anschluss an die vor Ort existierende Christengemeinde. Mit 18 Jahren lässt sich Martin taufen, dient aber noch bis 356 n.Chr. in der Garde. Nach seinem Abschied vom Heer in der Nähe von Worms zieht es ihn zum Bischof Hilarius von Poitiers, der ihn in seine ungarische Heimat zurückschickt. Um 360 n.Chr. trifft er wieder mit Hilarius zusammen, ein Jahr später gründet er Liguge, das erste Kloster Galliens. 371 n.Chr. wird er per Volksentscheid zum Bischof von Tours gewählt. 375 n.Chr. gründet er das Kloster Marmourtier an der Loire, das bald zu einem Mittelpunkt klösterlicher Kultur wird. Hier werden in der Klosterschule Missionare ausgebildet, die in der Folgezeit in ganz Frankreich das Evangelium Christi verkünden. Unermüdlich widmet sich Martin auch selbst der Glaubensweitergabe durch Predigt und konkreter Nächstenliebe in den weithin heidnischen Gebieten.
Am 8. November 389 n.Chr. stirbt Martin im Kreis seiner Mitbrüder. Am 11. November 397 wird er feierlich in Tour beigesetzt. Sein Grab wurde zum Nationalheiligtum der Franken. Martin ist der erste Nichtmärtyrer, der in der abendländischen Kirche als Heiliger verehrt wurde. Martin war ein Mann mit Charakter - man kann ihn als ersten Kriegsdienstverweigerer bezeichnen, denn als er im Jahr 356 n.Chr. dem röm. Kaiser, der das Christentum förderte, sein Schwert zurückgibt, hätte ihm das als Majestätsbeleidigung ausgelegt und das Leben kosten können.
Noch heute tragen viele Kirchen und Kathedralen seinen Namen, so auch die Bischofskirche in Mainz. Über dem Westchor des Mainzer Doms finden wir eine Martinsstatue in der Pose des römischen Gardereiters, der seinen Mantel vor dem knieenden Bettler teilt. Seine Gestalt ist bis heute lebendig in den zahlreichen Martinsumzügen die am 11. November überall stattfinden. Das Teilen seines Mantels ist von hoher Symbolkraft - er teilt sein Leben, damit ein anderer, ihm völlig Unbekannter, vom Tod durch Erfrieren, gerettet wird.
So erfüllt er Jesu Botschaft: Wer an seinem Leben festhält, wird es verlieren, wer es aber hingibt für andere, wird es gewinnen.
Das Licht und die Hoffnung, die der Glaube schenkt, ist in der Gestalt des Heiligen Martin menschlich greifbar und erfahrbar geworden.
Allmächtiger Gott, der Heilige Bischof Martin hat dich in seinem Leben und in seinem Sterben verherrlicht.
Lass auch in uns die Macht deiner Gnade wirksam sein, damit weder Tod noch Leben uns von deiner Liebe trennen.
19. November: Heilige Elisabeth von Thüringen, Landgräfin, Schutzpatronin der "Werke der Nächstenliebe" und der christlichen Krankenhäuser und Hospize
Elisabeth war die Tochter des Königs Andreas II. von Ungarn und seiner Gattin Gertrud von Andechs. 1207 n.Chr. in Ungarn geboren, kam sie mit 4 Jahren auf die Wartburg in Thüringen, wo sie von der Landgräfin Sophie, ihrer späteren Schwiegermutter im Geist des Heiligen Franziskus, erzogen wurde. Mit 14 Jahren heiratet sie den Landgrafen Ludwig IV. von Thüringen. Die glückliche Ehe, aus der 3 Kinder hervorgingen, dauerte nur 6 Jahre. 1227 n.Chr. starb ihr Mann auf dem Kreuzzug nach Jerusalem.
In der Rückschau wirkt die Landgräfin Elisabeth von Thüringen eigenwillig, selbstbewusst, kritisch-intelligent. Ihre Frömmigkeit hat etwas Rebellisches an sich. Sie zeigt deutlich ihre Abneigung gegenüber Repäsentationspflichten, trägt mit Vorliebe schlichte Wollkleider, legt in der Kirche ihren Schmuck ab und lockt Scharen von Bettlern und Elendsgestalten zur Speisung auf die Wartburg.
Elisabeth erkannte, dass ihr Glaube an Jesus Konsequenzen in ihrem Leben haben musste. Sie bäumte sich dagegen auf, dass es Privilegierte und Menschen minderen Wertes geben sollte. So begann sie ihren persönlichen Lebensbereich zu verändern. Im Umgang mit den Armen verwirklichte Elisabeth eine radikale wie praktische Frömmigkeit. Sie befaßte sich hautnah mit dem Elend der Armen und Kranken. Sie pflegte ihre aussätzigen Schützlinge selbst, wusch eiternde Wunden, legte Verbände an. Die Landgräfin kümmerte sich um Waisenkinder, spann gemeinsam mit ihren Mägden Wolle, aus denen Kleider für Franziskaner und Bedürftige gewebt wurden, nähte Taufkleider für die Neugeborenen aus mittellosen Familien. Sie machte mit eigener Hand Totenhemden für die Bestattung der Armen, wusch sie, bekleidete sie und nahm an ihrer Beerdigung teil. Caritas war für sie die praktische Umsetzung des Doppelgebotes der Gottes-und Nächstenliebe. Als in den Jahren 1224-1226 eine Hungerkatastrophe über Thüringen hereinbrach und zum Skelett abgemagerte Menschen sich von Wurzeln, Kräutern und vom Fleisch verendeter Tiere nährten, sperrte sie - ihr Mann weilte im Ausland - sämtliche Kornkammern im Land auf. Als ihr leidenschaftlich geliebter Mann auf dem Weg zum Kreuzzug einer Seuche erlag, brach der Hass der höfischen Umwelt offen gegen sie hervor. Sie wurde regelrecht von der Wartburg gemobbt. Mit der Ablöse ihrer Witwengüter und einem Rest ihrer Aussteuer gründete sie ein Hospital vor den Toren Marburgs. Im Spital leistete sie Männerarbeit, pflegte stinkende Aussätzige, verband eiternde Geschwüre und wusch ihnen den Ausfluss ab. Der Körper der jungen Frau war längst erschöpft und verbraucht. Sie wurde schwer krank und starb 24-jährig im Jahre 1231 n.Chr. Schon 4 Jahre später wurde sie vom Papst heilig gesprochen. Für den prächtigen, mit Gold und Silber überzogenen Schrein mit Elisabeths Gebeinen baute man die Marburger Elisabethenkirche, das erste rein gotische Gotteshaus in Deutschland. Doch es ist, als ob die in Armut und Verachtung seitens des Adels Gestorbene noch im Tod gegen seine solch feudale Grabstätte hätte protestieren wollen.
Während der Reformationszeit verschwanden ihre Gebeine, und niemand weiß bis heute, ob und wo sie ein zweites Mal beigesetzt worden sind. Der prachtvolle Schrein ist leer. Elisabeths Liebe zur Armut hat auf diese Weise ein zweites Mal gesiegt.
Gott, du Vater der Armen, du hast der heiligen Elisabeth ein Herz für die Armen gegeben, in denen sie Christus erkannte und verehrte. Auf ihre Fürsprache gib auch uns den Geist deiner Liebe und leite uns an zu helfen, wo Menschen in Not und Bedrängnis sind.
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